vtw Storys

Meine Geschichte mit dem weißen Blatt

von Sabine Barz
26.09.2020

Kürzlich habe ich an einem Seminar im Rahmen von vtw@home teilgenommen. Eine Übung bestand darin, die eigene Geschichte mit dem weißen Blatt zu schreiben. Diese Geschichte möchte ich hier gern teilen.

__________

Meine Geschichte mit dem weißen Blatt ist schon sehr alt. Blätter und Stifte habe ich immer gemocht. Allerdings sollte das, was auf das Blatt kam, am Ende auch gut aussehen – egal ob gemalt oder geschrieben. Als Kind habe ich lange damit experimentiert, eine gute Handschrift zu finden. Jedes neue Schuljahr habe ich eine neue Handschrift ausprobiert. Ich glaube, das hatte auch damit zu tun, dass ich eigentlich Linkshänderin bin und auf rechts umlernen musste. Meine Mutter hat schon in der ersten Klasse versucht, mich von links auf rechts umzutrainieren. Ich bekam fünf Pfennig für jeden Tag, an dem ich meine Hausaufgaben mit rechts gemacht habe. Hat aber nichts genützt, ich habe trotzdem wieder mit links geschrieben.

In der fünften Klasse, als ich von der Grundschule auf die Realschule gewechselt bin, hat meine Mutter eine neue Offensive gestartet und meinem Klassenlehrer gesagt, dass ich lernen soll, mit rechts zu schreiben. Das hat er dann durchgezogen. Heute kann ich nicht mehr mit links schreiben. Aber sobald ich etwas zeichnen soll, nehme ich den Stift in die linke Hand. Ich wüsste gern, wie meine Handschrift aussah, als ich in der Grundschule noch mit links geschrieben habe, aber ich habe keine alten Hefte mehr.

Ich habe mal gehört, Linkshänder seien kreativer als Rechtshänder. Ich frage mich, ob das Umlernen zulasten meiner Kreativität ging. Ich habe auch mal gehört: Wenn Kinder umlernen mussten und später wieder zurückwechseln zu ihrer Ausgangshand, würde das irgendwelche Gehirnareale reaktivieren. Ich finde, das klingt interessant, aber ich bin zu faul, um nochmal umzulernen. Vor allem schreibe ich heutzutage kaum noch mit der Hand. Auf der Computertastatur schreibt man immer beidhändig. Das Problem mit dem weißen Blatt löst das allerdings auch nicht. Entweder es fällt einem was ein oder nicht. Meine Erfahrung ist: Immer, wenn ich etwas Gutes geschrieben habe, war das nicht ich. Es lag gar nicht in meiner Kontrolle.
__________

Welche stressvollen oder einschränkenden Gedanken tauchen in dieser Geschichte auf?

  • Das Umlernen von links auf rechts ging zulasten meiner Kreativität.
  • Heute kann ich nicht mehr mit links schreiben.
  • Ich bin zu faul, um nochmal umzulernen.

Den ersten Satz habe ich mit The Work untersucht und viele Beispiele gefunden, wie das Umlernen von links auf rechts meine Kreativität gefördert hat.

Was die anderen beiden Sätze angeht: Nach dieser Übung habe ich nur noch mit links in mein Work-Heft geschrieben. Dass ich mit links nicht mehr schreiben kann, ist nicht wahr. Man kann das Geschriebene genauso gut lesen wie das, was ich mit rechts schreibe, stellenweise vermutlich sogar besser. Ich bin auch nicht zu faul, um nochmal umzulernen, denn ich bin ja gerade dabei.

Wahr ist, dass ich im Moment noch langsamer bin beim Schreiben mit der linken Hand. Ich habe gemerkt, wie mir das bei The Work zugute kommt. "The Work is meditation", sagt Byron Katie – und tatsächlich kommt es mir jetzt viel mehr so vor, als würde ich beim Schreiben meditieren. Ich male einen Buchstaben nach dem anderen aufs Papier.

Was das Aktivieren der Gehirnareale angeht: In den letzten Tagen hatte ich ziemlich Kopfschmerzen und mir war ein bisschen übel. Kann sein, dass das irgendein Virus war. Kann aber auch sein, dass mein Gehirn ein bisschen durcheinander geraten ist, weil plötzlich wieder die andere Gehirnhälfte mit der Tätigkeit Schreiben verknüpft wurde. Wer weiß?

Beitrag teilen:

Zurück zur Übersicht